Zahnstein beim Hund

Auch bei uns Menschen ist Zahnstein ein Thema. Zähneputzen 2 mal täglich ist mittlerweile Gewohnheit, Zahnseide und ein – bis zweimal jährliche Zahnsteinentfernung setzen sich langsam durch.

Was genau ist das Problem? Zahnstein führt zu einer Entzündung des Zahnfleisches, die sich auf den gesamten Zahnhalteapparat ausdehnen und so zur Parodontose fortschreiten kann. Durch die chronische Entzündung und mechanische Einwirkung der Zahnsteinbeläge bildet sich das Zahnfleisch zurück. Es wird immer mehr Gewebe zerstört, das eigentlich den Zahn im Kieferknochen verankern sollte – Zahntaschen, lose Zähne, kaputte Zahnwurzeln und Zahnverlust sind die Folge – und dann folgen Prothese oder Implantat.

Auch bei Hund und Katze? Ja leider. Hunde haben z.B. wenig Karies und nach unserer Erfahrung meist gesundes Zahnmaterial – wenn der Zahnstein als Hauptursache für Zahnprobleme beim Hund nicht wäre.

Katzen haben zusätzlich ein ZAHNproblem und bekommen ihren eigenen Artikel…

Aller Anfang ist der Zahnbelag. Ohne Zahnbelag keine Parodontose

Diese sogenanntes Plaques sind eine Mischung aus Futterpartikeln, Speichel und im Maul vorhandenen Bakterien – wir kennen das – morgens vor dem Zähneputzen haben das alle….

Der Zahnbelag setzt sich langfristig auf der Zahnoberfläche fest und wird durch Mineralstoffe im Speichel sowie Zucker- und Eiweißbestandteile im Futter zu harten Belägen umgewandelt – aus der Plaque wird Zahnstein. Der rauhe Zahnstein bietet eine tolle Anhaftungsfläche für Bakterien, die schwerwiegende Entzündungen und üblen Geruch  hervorrufen . Zahnfleischentzündung ist die Folge, erste Zahntaschen entstehen.

Hat ein Hund starke Zahnstein-Ablagerungen am Gebiss, drängen diese langfristig das Zahnfleisch zurück. Die Ablagerungen  führen durch mechanische sowie bakterielle Reizung zur Zerstörung des Zahnhalte-Apparats  Die Folgeerkrankung: Parodontose.

Parodontose verursacht, dass sich Zähne lockern, die Wurzeln freiliegen und zerstört werden, eitrige Zahntaschen entstehen. In extremen Fällen greift die Entzündung auf den Kieferknochen über. Ist der obere Eckzahn betroffen, kann die Entzündung in die Nasenhöhle durchbrechen.

Zahnstein betrifft besonders häufig die Eck-, Reiß- und Backenzähne des Oberkiefers. Er lagert sich sowohl auf der Zahnoberfläche als auch unterhalb des Zahnfleischs an.

Aber mein Hund frisst!

Was merkt man als BesitzerIn? Mundgeruch ist das erste Symptom, das wahrgenommen wird. Bei der jährlichen Impfuntersuchung gehören auf jeden Fall die Zähne kontrolliert – was man als BesitzerIn ja nicht unbedingt standardmäßig macht.

Stellen wir geringgradigen Zahnstein fest, wird dieser in Vollnarkose entfernt und das wars fürs Erste. Bei regelmäßiger Kontrolle ist das die Regel.

Wurde länger nicht kontrolliert, ist das Zahnfleisch häufig so entzündet, dass Schmerz- und Antibiotikatherapie vor der Zahnsteinentfernung durchgeführt werden müssen.

Und leider müssen häufig – vor allem bei kleinen Hunden – ein oder mehrere Zähne entfernt werden. Je weniger Zähne wir reißen müssen, desto glücklicher sind wir !!!

Dreiwurzelige Backenzähne bei Hunden zu reißen entspricht einer Kieferoperation…auf die wir zwar bestens vorbereitet sind – aber wir reißen uns nicht ums Reißen. Der erste Schritt bei dieser OP besteht darin, einen Zahnfleischlappen vom Kieferknochen abzulösen. Der Knochen wird, mittels speziellem Bohrer, um die Zahnwurzel weggeschliffen und aus dem Kiefer gehebelt.

Er ist schon so alt ….

Ein häufiges und verständliches Argument. Aber Zahnstein führt zu heftigen Schmerzen in der Maulhöhle, zu einer fürchterlichen Geruchsempfindung für die feine Hundenase (und die BesitzerInnen), zu Verteilung von Eiter-Erregern in den Körper und in Folge zu Herz- und Nierenproblemen.

Unser ältester Patient im Neunerhaus war 17 mit Herzerkrankung und einem katastrophalen Gebiss – auch er hat alles gut überstanden und war danach um vieles fröhlicher – unsere schönste Belohnung, wenn wir das von Frauchen und Herrchen hören! Und das hören wir wirklich oft – fast noch mehr bei unseren Katzenpatienten. „Sie spielt jetzt wieder….“

Bei Patienten ab 10 Jahren gehört eine Blutuntersuchung vor der Narkose zum Standardprocedere, bei kleinen Hunden zusätzlich ein Röntgen des Brustkorbes.

Übrigens: Gefressen wird häufig bis zum Schluss….

Nicht alle Hunde sind gleichermaßen anfällig

Besonders betroffen sind Hunderassen mit kurzer Schnauze, da aufgrund des Platzmangels im Maul eine Zahnfehlstellung entstehen kann. In diesem Fall findet beim Kauen kein ausreichender Abrieb des Gebisses statt, sodass sich die Zähne nicht mehr selbst reinigen.

Ferner neigen kleine Hunderassen mit kurzem Kopf und erschwerter Atmung vermehrt zum Hecheln, wodurch die Schleimhaut des Mauls leichter austrocknet. Der Speichelfluss trägt wesentlich dazu bei, dass die Zähne gereinigt werden und sich Zahnbeläge nicht zu schnell festsetzen. Ein ausreichender Speichelfluss im Maul ist für den Hund wichtig, denn der Speichel hat die Funktion, die Zähne von Nahrungsresten zu säubern, Bakterien abzutöten und somit den Zahnbelag zu verdauen.

Bei Hunden mit genetisch eng stehenden Zähnen, wie z.B. Malteser, Yorkshire Terrier, Shi Tzu, und bei Hunden mit schmalem, langem Kiefer, z.B. Dackel und Pudel können sich häufiger Nahrungsreste festsetzen, die zu Plaques führen.

Manche Hunde mit schönen Zähnen neigen vermehrt zu Zahnstein – wie beim Menschen. Auch meine eigene Hündin Fanny, ein mittelgroßer Mischling hatte starken Zahnstein und hat sich mindestens einmal im Jahr in der Praxis zur Reinigung eingefunden.

Fütterung

Nimmt der Hund häufig Nahrung zu sich, die stark zuckerhaltig ist, begünstigt das die Vermehrung der Bakterien in der Maulhöhle. Zucker ist relativ häufig in Dental Snacks zu finden….

Mangelnde mechanische Selbstreinigung tritt auf, wenn der Hund überwiegend Feuchtfutter frisst. Die Folge ist weniger Zahnabrieb statt bei Trockenfutter und geeigneten Knochen.

Nassfutter kann sich weiters leichter auf bestehende Beläge setzen oder in den Zahnzwischenräumen hängen bleiben.

Sinnvoll ist, dem Hund hin und wieder Obst oder auch Gemüse zum Futter zu geben, denn Fruchtsäuren und sekundäre Pflanzenstoffe verringern die Bildung von Zahnbelag.

Auch Kaustreifen machen Sinn –  die darin enthaltenen Enzyme lösen Zahnbelag auf.

Bewegung

Hunde in Bewegung bilden vermehrt Speichel. Natürliche Zahnreinigung durch Speichel und Zunge sind ein wichtiger Bestandteil der Maulhygiene. Bewegungsmangel führt entsprechend zu weniger Speichelfluss. Gleiches gilt für Hunde, die wenig trinken und dadurch eine trockene Maulhöhle haben. Unter diesen Bedingungen können sich Bakterien leichter vermehren und es bildet sich Plaque…

 Zahnpflege beim Hund?? Bei einem Wolf macht das doch auch niemand

Wild lebende Raubtiere, wie Wölfe und Wildhunde, fressen ihre Beute mit Haut und Haaren. Beim Zerteilen der Beute putzen das Fell und das Kauen an Knochen Zahnbelag von den Zähnen. Auch scheint der Verzehr von rohem Muskelfleisch, Innereien, Bändern, Sehnen und Knorpeln geeigneter zu sein, Zahnfleisch und Zähne gesund zu erhalten, als Fertigfutter. Wildtiere mit genetisch schlechtem Zahnmaterial ziehen bei der Evolution sowieso den kürzeren. Anders ist das bei unseren Hunden, die auf Eigenschaften wie Wachsamkeit, Freundlichkeit etc. selektiert werden.

Tipps bei Zahnstein

Haben sich bereits zu viele Ablagerungen gebildet, muss der Zahnstein unter Narkose von einer Tierärztin entfernt werden und bei entsprechenden Rassen eine Woche danach mit Mundhygiene begonnen werden, denn:

Nach dem Zahnstein ist vor dem Zahnstein

Am sinnvollsten ist das Zähneputzen nach der Fütterung mit einer Zahnbürste und Zahncreme für Hunde – von täglich bis zweimal wöchentlich.

Zahnwachs nach der Zahnpflege hindert Bakterien daran, sich auf der glatten Zahnoberfläche  sofort wieder anzuheften.

Desinfektion der Maulhöhle führt zu Verringerung der Bakterienpopulation – vor allem, wenn der Hund das alles nicht will 🙂 Auch Lösungen für das Trinkwasser finden sich auf dem Markt – neben unendlich vielen anderen heilsversprechenden Artikeln.

Trockenfutter mit eingearbeiteten Fasern, die das sofortige Zerbröseln der Stückchen verhindern, verbessern die mechanische Selbstreinigung.

Wem das aus verschiedenen Gründen zu viel Aufwand ist, ein Trost……bei mir war das so. 3 kleinen Kindern die Zähne zu putzen, hat mir persönlich gereicht – Fanny bekam einmal im Jahr ihre Zahnsteinentfernung und ist mit Supergebiss 16 Jahre alt geworden.

Auf dem Beitragsbild ist schön zu erkennen, wie lang und massiv die Zahnwurzeln unserer Hunde sind….

Beitragsbild: Amazon, LMEIL Transparent-Zahnmodell Hunde